Ich kenne die Ricklinger Szene zu wenig, um beweisen zu können, daß Engelbert auch hier seine schmutzigen Finger im Spiel hatte. Fest steht jedoch, daß sich wieder einmal ein Verein aus finanziellen Gründen zurückziehen muß. Das es noch dazu unsere Freunde aus Ricklingen sein müssen - wo ich so etwas ja nicht einmal den Unaussprechlichen wünschen würde - macht das ganze nur noch bitterer.
So wird leider die ruhmreiche Geschichte der Sportfreunde nur eine Episode im Hannoverschen Fußball bleiben. Kürzer noch als die, die der OSV schrieb, und vor allem mit einem viel tragischeren Ende. Denn: durchgereicht zu werden, wie es dem OSV passierte, ist eine Sache. Aus der Oberliga in die Kreisliga abzustürzen, ist etwas ganz anderes.
In Trauer, der Cottbuser
Nachtrag:
Inzwischen hat man in Ricklingen beschlossen, die Saison zuende zu spielen. Ich möchte an dieser Stelle unseren Sportfreunden aus Ricklingen alles erdenklich Gute bei der Entschuldung wünschen, und hoffe, daß sie bald wieder den ihnen zustehenden Platz als dritte Kraft in Hannover einnehmen.
der Cottbuser
"Das ist ein trauriger Tag für die Sportfreunde Ricklingen, doch davon wird der Verein nicht untergehen" - mit diesen Worten kommentierte Vereinschef Friedel Most den Beschluss, den der Vorstand gestern gegen 22 Uhr gefasst hatte: Die Oberliga-Fußballmannschaft wird mit sofortiger Wirkung vom Spielbetrieb abgemeldet. Die Sportfreunde werden schon am Sonnabend in Göttingen nicht mehr antreten.
Der Oberligaspielbetrieb ist an der Beeke nicht mehr finanzierbar. "So bedauerlich es ist, doch wir müssen uns die Fakten vor Augen halten. Uns fehlen Zuschauer, und wir haben immer größere Schwierigkeiten, Sponsoren zu finden", sagt Most. Der Vorstand habe angesichts akuter Finanznöte die Notbremse gezogen, um den Verein insgesamt nicht zu gefährden. Most klang ein wenig erleichtert, dass nun endlich eine klare Entscheidung getroffen worden ist. "Im Nachhinein waren die drei Jahre Regionalliga ein Fehler. Das mag in kleineren Städten laufen, doch in Hannover bei einem Nachbarn wie 96 war das eigentlich nicht zu finanzieren."
Begonnen hatte die Misere bereits im ersten Regionalligajahr mit dem Rücktritt des Aufstiegsarchitekten Hartmut Hoppe. Der Manager hatte Differenzen mit dem von ihm geholten Trainer Dieter Schatzschneider. Hoppe trat auch zurück, weil sich die Sportfreunde eine Entlassung Schatzschneiders nicht leisten konnten. Dieser personelle Verlust konnte nie ersetzt werden.
Die letzte Saison war ein Spiegelbild dieser Misere. Die Finanznöte wurden immer offensichtlicher, die Spieler klagten wegen ausstehender Gehälter gegen den Verein. Am 3. Dezember steht noch ein Verfahren vor dem Arbeitsgericht an. Nach dem Abstieg in die Oberliga gingen alle Leistungsträger, ohne dass Ablösegeld erzielt werden konnte. Die Sportfreunde hatten kein Fundament mehr.
Der Nächste bitte! Am Mittwoch die Hannover Flyers, jetzt die Sportfreunde Ricklingen: In der Landeshauptstadt, an Sport der gehobenen Klasse schon nicht gerade reich gesegnet, heißt es ein weiteres Mal Abschied nehmen. Gestern hat das Schicksal eines Teams seinen Lauf genommen, das lange Zeit einen guten Leumund hatte und über Jahre mit einem Aufstieg nach dem anderen verblüffte. Nun aber ist Leistungsfußball in Ricklingen zu Grabe getragen worden. Hinten und vorne fehlte es an Geld und Perspektiven zum Weitermachen.
Der nicht einmal überraschende Rückzug aus der Oberliga ist das Resultat mangelnder Professionalität und von Inkompetenz. Vorstand und Spartenleitung agierten als Laienspielschar und haben in den vergangenen Jahren, als es sportlich bergab ging, lediglich Flickschusterei betrieben. Dafür gibt es jetzt die Quittung.
An der Beeke wird in diesen Tagen manche Träne fließen. Die Hoffnung kann nur heißen, dass der Gesamtverein im Strudel nicht mitgerissen wird.
Norbert Fettback
"Ich kann es nicht glauben. Das darf nicht wahr sein, das ist nicht der richtige Weg. Hoffentlich haben einige jetzt ein schlechtes Gewissen. Dieser Wahnsinn mit dem Vollprofitum in der Regionalliga!"Hartmut Hoppe (ehemaliger Sport- freunde-Manager):
"Das ist das Ergebnis des Aktionismus von vielen Ahnungslosen, die man in den letzten zwei Jahren hat wirken lassen. Der Rückzug ist übereilt, es gibt andere Strategien."Dieter Schatzschneider (ehemaliger Trainer):
"Das Beste, was sie machen konnten. Ich habe zweieinhalb Jahre ohne Geld gearbeitet, acht Talente spielen heute in Regionalliga und im Profibereich, normal müsste der Verein saniert sein. Die Inkonsequenz der Führung ist bestraft worden. Das Resultat ist traurig."NP vom 5.11.1999
Das Chaos in Ricklingen - es wird wohl keinen Oberliga-Fußball mehr bei den Sportfreunden geben. Erst die sportliche Talfahrt, nun der finanzielle Kollaps. "Die Mannschaft wird nicht länger auf ihr Geld warten", sagt Kapitän Florian Toussaint.
Die Spieler werden schon morgen nicht mehr zum Spiel in Göttingen antreten. Für Toussaint "ist das Maß übergelaufen". Grund: "Am 10. Oktober wurden letztmals Gelder ausgezahlt - für August. Und nun sagte uns Schatzmeister Dieter Sorge, dass es keinen Pfennig mehr geben würde." Das bestätigte Klubchef Friedel Most gestern Abend.
Nach einer Sitzung am Mittwoch hatte die Mannschaft "sofort Bares oder eine rechtsverbindliche Bürgschaft" gefordert. Toussaint: "Wenn nicht, dann kündigen wir. Und zwar alle."
Das hat der zweite Torwart Ralf Krüger schon getan. Gestern folgte Kotrainer Dieter Schrader: "Ich warte seit dem 1. Juli auf mein Geld."
Für Schrader ist klar: "Die Glaubwürdigkeit des Vereins liegt auf dem Grund der Beeke." Sorge hätte zum Saisonstart von einem gesicherten 300 000-Mark-Etat gesprochen, "dabei würde für diese Billig-Mannschaft vermutlich viel weniger reichen". Weiterer Vorwurf Schraders: Der Vorstand hätte sich nie bei der Mannschaft blicken lassen, sich jedoch immer über das schlechte Abschneiden beschwert. Toussaint ergänzt: "Der inkompetente Vorstand hat den Schaden verursacht. Selbst Manager Dieter Maetz fühlt sich hintergangen."
Als Angestellter des Vereins hielt sich Coach Jörg Goslar (er hat auch noch keinen Pfennig gesehen) bisher bedeckt. Doch jetzt braucht er nicht mehr hinter vorgehaltener Hand "von einem Kaninchenzüchter-Verein" zu sprechen.
Bild vom 5.11.1999Chaos-Klub Ricklingen. Nach dem Abstieg aus der Regionalliga jetzt der totale Absturz. Vorsitzender Friedel Most erklärte gestern Abend: "Aus finanziellen Gründen ziehen wir unsere Mannschaft aus der Oberliga zurück."
Ricklingen tritt schon morgen bei der SVG Göttingen nicht mehr an. Die Spieler hatten zuletzt kein Geld bekommen, drohten mit Streik. Daraufhin gestern die Krisensitzung und danach der Rückzug. Die Sportfreunde wollen in der Kreisliga weitermachen.