12.9.1999, 15.00
Sonntagsjournal Bremerhaven vom 12.9.1999
Bremerhaven. Der Fußball-Regionalligist FC Bremerhaven zittert um seinen Libero: Stefan Kriesen, der 30-jährige Kapitän der Mannschaft, hat große Schmerzen im linken Bein. An Training war in der vergangenen Woche kaum zu denken. Gegen Sparta im Stadtpokal langte es immerhin noch für eine Halbzeit. Ob Kriesen heute im Punktspiel gegen Arminia Hannover (15 Uhr, Zollinland) auflaufen kann, steht noch in den Sternen.
Das Abschlusstraining seiner Teamkameraden konnte der etatmäßige Libero nur als Zaungast beobachten. Während Norbert Riedel seinen Schützlingen auf dem Zolli den letzten taktischen Schliff verlieh, lag Kriesen hinter der Torauslinie und ließ sich von Physiotherapeutin Tina Becker behandeln.
"Die Chancen, dass ich spielen kann, liegen höchstens bei zehn Prozent", knurrte der "Lange" über den Platz. Die Schmerzen, die den Kapitän matt setzen, strahlen vom Beckenknochen in das linke Bein. Die Ärzte tippten zuletzt auf eine Muskelverhärtung im Beckenbereich. "Wenn ich das linke Bein anziehe, bekomme ich Schmerzen, als ob mir jemand Nadeln ins Bein sticht."
Die Verletzung zog sich Kriesen beim 2: l -Sieg in Braunschweig nach einem bösen Zusammenprall mit Vladan Milovanovic zu. "Beim Warmmachen vor dem Spiel mache ich einen letzten Test. Dann ent- scheide ich, ob es geht oder nicht."
Torhüter Rainer Brauer, Libero Stefan Kriesen, Mittelfeld-Motor Dennis Frey, Goalgetter Stephan Borchardt - diese Schlüsselspieler sind im Konzept von Coach Riedel eigentlich nicht ersetzbar. Dennoch verbreitet Coach Riedel Gelassenheit, was die Verletzung von Kriesen betrifft. "Ich habe einen Alter- nativplan im Kopf, falls der Lange ausfällt", meint der 42-jährige Übungsleiter.
Riedeis Alternative heißt Sven Meyer. Der neue Mann aus Babelsberg, bislang im defensiven Mittelfeld eingesetzt, soll im Notfall Chef des Abwehrblocks werden. Im Testspiel gegen Apollon Limassol (2:3) durfte sich Meyer schon mal einspielen, auch beim Trainingsspiel am Freitag war Meyer als Libero gefragt.
"Natürlich ist es bitter für uns, dass mit Stefan ein wichtiger Spieler ausfallen könnte", meint Sven Meyer. "Aber ich habe nie einen Hehl daraus gemacht, dass ich gerne Libero spielen würde, das ist meine Lieblingsposition." Riedel hätte keine Angst, den 29-Jährigen ins Abwehrzentrum zu stellen. "Der kann das", sagt Riedel kurz und bündig.
In Babelsberg und bei Union Berlin spielte Meyer auf der zentralen Position in der Dreier-Kette, "meistens vor der Abwehr oder auf einer Höhe mit den Verteidigern", blickt der FCB-Neuzugang zurück.
Beim FCB wird Meyer sich wohl mehr hinter seinen Manndeckern aufhalten müssen, vielleicht bleibt der Aufsteiger gegen Arminia zum ersten Mal in dieser Saison ohne Gegentor.
Die schwache Vorstellung beim 2:0-Pokalsieg gegen den SC Sparta hat Riedel abgehakt. "Wir haben schlecht geschossen, das war nicht berauschend, aber der Sieg war nie in Gefahr", schaut der FCB-Trainer zurück und nimmt seiner Mannschaft vor dem heutigen Duell mit den Hannoveranern die Favoritenbürde. "Wir sind Aufsteiger, Arminia spielt jetzt schon im dritten Jahr in der Regionalliga. Wir sind kein Favorit, in keinem Spiel. Aber eines sind wir gerne: der Favoritenschreck." Sollte Kriesen spielen können, dürfte Björgvin Magnusson aus der Anfangsformation herausfallen. Als zweite Spitze neben Stephan Borchardt, dessen Grippe abgeklungen ist, plant Riedel mit Aleksander Milakovic.
Beim FCB ist noch keine Entscheidung gefallen, ob Ali Yasser, Bruder des Rostocker Profis Radwan Yasser, verpflichtet werden soll. "Die ersten Eindrücke im Probetraining waren gut, aber ich muss den Spieler noch unter Wettkampfbedingungen sehen", so Riedel.
Die D-Jugend des FCB bestreitet heute ab 13 Uhr auf dem Zolli ein Freundschaftsspiel gegen die Altersgenossen von Arminia Hannover.